Chaos, Schweiß, Luxus, Liebe und Abschied.

Unbenannt.PNG

So standen wir nun Beide da. Der Gesichtsausdruck muss eine Mischung aus Erstaunen, Freude, Erleichterung und Erschöpfung gewesen sein. Es ist schon ein seltsames Gefühl alleine in einem Haus von fremden Menschen zu stehen, die man gerade einmal 15 min kennt. Mit dem ersten, sehr positiven Eindruck räumten wir unsere, nach einem Hotel anmutenden Zimmer ein und stapften anschließend etwas unbeholfen durch die lichtdurchflutete, obere Etage. Nach einer halben Stunde kam Courtney zurück und hatte diesmal alle drei Kinder im Schlepptau. Ihr ältestes Kind war Digby, welcher mit seinen fast 5 Jahren momentan den Kindergarten besuchte. Jedoch unterscheidet sich dieser etwas von unseren Gewohnheiten. Da er diesen lediglich an zwei Tagen in der Woche besuchen konnte, war er zwangsläufig dazu verdammt seine unglaublich überschüssige Energie zu Hause mit aller Hand Unfug abzubauen. Dennoch überraschte er uns auch sehr häufig mit seinen Ideen oder dem Umgang mit Zahlen bis 100. Als nächstes folgte ihm die uns bereits bekannte, zweijährige Harriet. Dieses unglaublich süße Mädchen brachte uns ebenso sehr oft  mit ihrem Ideenreichtum und ihrer Cleverness zum Lachen und Staunen. Anfangs war es für mich etwas schwerer sie in ihrer niedlichen, kindlichen Sprache auf Englisch zu verstehen, wobei ich mich nach kurzer Zeit sehr gut eingehört hatte. Die 9 Monate alte Willow rundete das Trio ab und war trotz ihres jungen Alters das Kind, welches die wenigste Arbeit verursachte. Vor allem durch den Antrieb von Digby kam es oft dazu, dass die beiden älteren Kinder die Geduld anderer gerne einmal auf die Probe stellten. Courtney, welche vor ihren Kindern als Webdesignerin tätig war, befand sich nun in der Rolle der modernen Hausfrau. Neben ihren drei lebendigen Kindern und einem dementsprechenden Haushalt gab es noch die 11 Monate alte Hündin Woopi, einen Hühnerstall mit 4 Hühnern und ein 3 ha großes Grundstück, was ebenso ihre umfangreiche Aufmerksamkeit einforderte. Ihren Mann Dave lernten wir am Abend unserer Ankunft kennen. Relativ schnell war uns klar, dass sein beruflicher Erfolg maßgeblich für dieses überdurchschnittliche Leben verantwortlich war. Er war einer der drei Manager einer großen company, welche mit Milch und sämtlichen Milcherzeugnissen aus der Produktion handelte und diese vertrieb. Einer der bekannten Nachteile die solch eine Position oft mit sich bringt, ist das häufige Reisen unter der Woche. Auf Grund der unvorstellbaren Distanzen in Australien läuft dies zwangsläufig auf Vielfliegermeilen und häufigere Abwesenheit hinaus. Ihr offenbar gutes Vermögen hatte das noch junge Mittdreißiger Paar jedoch nicht protzig angelegt. Das gesamte Setting vermittelte uns viel eher einen sehr gemütlichen, freundlichen und hochwertigen Eindruck, welcher mich zu Anfangs pausenlos an eine typische Szene aus einem Till-Schweiger Film erinnerte.

Tags darauf begann Courtney uns nach und nach an unsere zukünftigen Aufgaben heran zu führen. Es kristallisierte sich heraus, dass Sophie vor allem im Haushalt sowie bei der Kinderbetreuung sehr viel helfen konnte, während sich mein Hauptaugenmerk neben den Kindern verstärkt auf den Garten bezog. Während Sophie sich im Haus mit den Kindern beschäftigte, konnte mir Courtney gelegentlich im Garten zur Hand gehen oder ihre Planung in verschiedenen Garten- und Familienprojekten vorantreiben. Somit hatte sie auch etwas Zeit, um aufgeschobene Arbeiten zu erledigen oder manche Dinge vergleichsweiße etwas ruhiger anzugehen. Bis zu Letzt viel uns auf in welchem Pensum die Frau verschiedenste Arbeiten gleichzeitig erledigte und neben all dem Stress stets ein Sternemenü auf den Tisch zauberte. Leider war mit dieser Aufteilung das meiste des Tagesablaufes für Sophie etwas eintöniger und beinahe komplett indoor. Ich hingegen konnte mich seit langem Mal wieder so richtig schön bei verschiedensten Gartenarbeiten auspowern und den mildern Winterbeginn in Brisbane genießen. In den ersten Tagen stand vor allem das digging (Graben) im Fokus. Neben einer Neuanlegung eines Blumenbeetes in der Einfahrt und dem Ausheben einer Drainage seitlich der Garage, pflanzte ich zahlreiche neue Pflanzen oder topfte Alte um. Es war verrückt zu sehen wie geschafft wir in den ersten Tagen waren und obwohl es uns Spaß machte, fielen wir abends immer erleichtert ins Bett.

Im Allgemeinen sah unser Tagesablauf wie folgt aus: Wir standen gegen um 8 auf und machten uns in unserem Bereich fertig. Meist war ich schon deutlich eher wach, da die Kinder im Obergeschoss gelegentlich ab um 6 eine Party veranstalteten und die äußerst dünnen, ungedämmten Wände jeden Ton durchließen. Vor unserem Zimmer hatten wir in der unteren Etage einen kleinen Essbereich, welche einige Tage später sogar mit einem neuen Kühlschrank, Toaster und Wasserkocher ausgestattet wurde. So konnten wir täglich noch zu zweit frühstücken, bis wir meist gegen 9.00 Uhr nach oben gingen und mit in das normale Chaos eintauchten. Gemeinsam gingen wir dann mit Courtney den Tagesplan durch und machten uns an die Arbeit. Während unserer Arbeit schauten wir jedoch nie kritisch auf die Uhr, sondern hatten immer den Anspruch alles zu erledigen. Es gab Tage an denen wir gegen 16.00 Uhr fertig waren, andere gingen deutlich länger. Von 17.00 – 19.00 Uhr herrschte für Courtney dann immer der Ausnahmezustand für den sie uns in der ersten Woche auch immer zum Entspannen nach unten schickte. Dies war die Zeit in der die Kinder nochmal so richtig aufdrehten, ins Bad geschickt wurden und am Ende am Esstisch landeten. Gerade Digby lief zu dieser Tageszeit stets zu Hochform auf, was meist lautstark von Courtney kommentiert wurde und sich täglich kriegsähnliche Szenen über unseren Köpfen abspielten. Vor allem zu dieser Zeit liebten es die Kinder nochmal die Hühner im Stall in Angst und Schrecken zu versetzen. Entweder wurden sie mehr ider weniger zärtlich festgehalten und gestreichelt oder mit Nachdruck in einer Kiste eingesperrt, um mehr Eier zu legen. Einmal ertappte Sophie Harriet sogar dabei wie sie nur mit Gummistiefeln bekleidet im Gatter stand und ebenso versuchte wie die Hennen ein Ei zu legen. Dadurch, dass wir uns alle ziemlich schnell an einander gewöhnten und die Eltern unsere Arbeit und Hilfe schätzten, waren wir nach der ersten Woche auch zu dieser primetime anwesend und halfen die Kinder Bettfertig zu machen.

Relativ schnell entwickelte ich ebenso kleine „Feierabendrituale“. Sobald ich meine Arbeit erledigt hatte ging ich gerne in den hinteren, riesigen Bereich des Grundstückes und versuchte mich an der Erziehung Woopies. Die junge, ungeschulte Hündin bekam zeitbedingt etwas weniger Aufmerksamkeit und hatte gleichzeitig zu viel Energie, was dazu führte, dass sie nicht wirklich gut auf Anweisungen hörte. Ich genoss es sie mit dem Ballwerfen auszupowern und weiter an dem „Sitz“-Befehl zu arbeiten. Nach kurzer Zeit war es für mich auch kein befremdliches Gefühl mehr einen Hund auf Englisch auszuschimpfen oder Befehle zu erteilen. Mir wurde zwar nie der Kindheitstraum von einem eigenen Hund erfüllt, was mein Wissen über die Erziehung auf ein Minimum reduzierte, doch die Anwendung klassischer, psychologischer, im Studium erlernter Strategien erwies sich als äußerst effektiv. Ich koppelte den Sitzbefehl mit dem positiven Verstärker des Ballwerfens und hatte relativ rasch meinen Erfolg. An den Tagen, an welchen wir bereits gegen um 4 Uhr unsere Aufgaben beendet hatten setzten Sophie und ich uns gerne auf die Couch der Veranda, wo wir die letzten warmen Sonnenstrahlen zu einem Kaffee oder einem Nickerchen genießen konnten.

Während unserer ersten Woche hatte Willow ziemlich hohes Fieber, was Courtney sehr zu schaffen machte und sie des Öfteren den Kinderarzt aufsuchte. In dieser Zeit kümmerten wir Beide uns um die größeren beiden Kinder und machten mit Ihnen einen kleinen Ausflug. Wir fuhren mit dem Familienauto und einem vollen Kofferraum mit Rädern in den Park und ließen uns die kleine Spazierstrecke und den Spielplatz der Kinder zeigen. Da alles sehr gut lief und wir bereits in der ersten Woche oft länger als geplant arbeiteten gab uns Courtney auch gerne einmal einen kompletten Tag frei. An denen schafften wir es, uns um das Buchen der Flüge sowie den Autoverkauf zu kümmern. Einen freien Tag nutzten wir, um uns nochmals Brisbane anzusehen und auf Courtneys Empfehlung die Stadtfähre zu nutzen. Wir starteten unseren Tag am Rande des CBD im New Farm Park und fuhren mit der citycat auf dem Brisbane River bis ins Zentrum an die South Bank Parklands. Hier besuchten wir das naturwissenschaftliche Queensland Museum und genossen den freien Tag in vollen Zügen.

Einer sehr großer Wendepunkte in der gesamten Beziehung zu allen Charakteren war ein Samstag an dem Dave nach Hause kam und die beiden Eltern über Nachmittag mit Freunden ein Rugbyspiel besuchten. In der Zwischenzeit baten sie uns auf die Harriet und Digby aufzupassen, während sie die Kleinste selbstverständlich mitnahmen. Gegen halb 11 verließen die beiden das Haus. Anfangs war der Plan, dass sie für wenige Stunden fern bleiben und gegen 16.00 Uhr wieder eintrudeln würden. Da sie offensichtlich schon seit Monaten keine freie Zeit mehr für sich hatten, der Großteil des engen Freundeskreises anwesend war und plötzlich Champagner floss während die Erwachsenen in alten Geschichten schwelgten, verspätete sich die Rückkehr mehr und mehr. In der Zwischenzeit verbrachten wir recht erfolgreich und ohne Probleme den Tag mit den beiden aufgeweckten Kids. Nach einem weiteren sehr ausgiebigen Parkbesuch mit Picknick und dem Staudammbauen im creek am Ende des Areals, schafften wir es sogar nach ein paar Tränen und Diskussionen Harriet zum Mittagsschlaf zu bewegen. Nachdem ich einen recht angeheiterten, aber entschuldigenden Anruf von Courtney erhielt, wusste ich, dass wir die Kinder noch bis in den späten Abend für uns hatten. Unser anfänglicher Respekt vor der gefährlichen Zeit zwischen 17.00 – 19.00 Uhr war am Ende jedoch unbegründet und so konnten wir mit ein paar Zugeständnissen all die kleinen Herausforderungen gemeinsam meistern und die Kinder ins Bett legen als im selben Moment die Eltern zurück kamen. Noch leicht angeheitert, etwas erschöpft und mit schlechtem Gewissen umarmten uns die Beiden dankbar.

Zu Beginn der letzten Woche fällten wir am Wochenende gemeinsam mit Dave einen großen Baum. Des Weiteren konnte ich Mitte der Woche meine Skills an der Heckenschere präsentieren und entdeckte ungeahnte Fähigkeiten beim turf rolling, was Dave nur mit: „Holy shit! German engineering!“ kommentierte. Obwohl die Chancen ziemlich hoch waren, blieb mir die Sichtung einer Schlange nach wie vor Verwehrt. Allerdings entdeckten wir bei Gartenarbeiten im Gebüsch die fast 1,5 Meter lange Haut einer ziemlich gefährlichen brownsnake. Zusätzlich musste ich mich mit dem Entdecken unzähliger, dicker, fetter Wittchedy-Maden in der Erde zufrieden geben. Bereits Mitte der zweiten Woche war es klar, dass wir die letzten 2 Nächte vor unserer Abreise Courtney und den Kindern auf das Grundstück der Oma folgten, welches 2,5 Autostunden entfernt lag. Demnach war unser Zeitfenster für den Autoverkauf, die Gartenarbeiten und ein weiteres, vereinbartes Treffen mit meiner Studienfreundin Antje klar.

Anfangs hielten sich die Interessenten für den Autokauf noch etwas zurück, was sich Mitte der zweiten Woche nach einem erneuten Preisnachlass allerdings erheblich änderte. Dank des starken Entgegenkommens der Familie konnten wir Besichtigungstermine auf dem Grundstück durchführen und so die Treffen sehr gut in unsere Arbeit einbauen. Plötzlich meldeten sich immer mehr Leute und wir hatten bereits 5 Treffen organisiert bevor das erste überhaupt stattgefunden hatte. Wir fuhren noch einmal in die Waschanlage, entkernten das Auto und säuberten es von Innen, bis wir es schließlich das erste Mal einem Australier präsentieren konnten. Perfekt vorbereitet spulten wir nach der Ankunft ein Programm ab, in welchem wir das Auto bis in seine Details vorstellten sowie alle Vorzüge ausarbeiteten. Als wir zu dem Punkt einer Probefahrt kamen streikte jedoch uhrplötzlich das Auto und machte Geräusche, die an eine leere Batterie erinnerten, was der potenzielle Käufer nur mit einem „murphy‘s law“ kommentierte. Erst zwei Startversuche später sprang der Wagen wie aus dem Nichts an und die Testfahrt konnte stattfinden. Am Abend fiel mir die eigentlich offensichtliche Problematik auf. Aufgrund des abgebrochenen Kontaktstückes und meiner scheinbar anfälligen Konstruktion wurde zunächst kein ausreichender Startimpuls übertragen. Ich ging zum Auto, öffnete die Motorraumseite unter dem Fahrersitz, hielt das Kabel mit der Hand fest an die Batterie und startete das Auto ohne Probleme. Damit stand für mich fest, dass meine Tape-Verbindung Mängel aufwies. Am nächsten Tag verwendete ich eine größere Mutter als Unterlegscheibe und nutzte den Anpressdruck dieser als Fixierung des Kabels an der U-förmig ausgebrochenen Klemme. Nachdem diese neue Konstruktion vorerst standhielt, ließ sie mich bei den beiden Besichtigungen am Nachmittag abermals wie einen Idioten da stehen. Bei der ersten Besichtigung konnte ich das Auto mit meinem am Vortag praktizierten Handstart nochmals zum Laufen bringen. Bei der zweiten Besichtigung des Tages hatte sich der Interessent einen Freund, welcher KFZ-Mechatroniker war, als Unterstützung mitgebracht. Selbstverständlich testete dieser den Wagen schon vor dem Start auf Herz und Nieren und fand einige Punkte, welche für Backpacker-Vans völlig akzeptabel sind, dem Profi allerdings die Haare sträuben. Als dann das Auto wiederrum nicht ansprang hätte ich im Boden versinken können. Nachdem die Testfahrt durch die Starthilfe seines mitgebrachten Autos doch noch stattfinden konnte, drückte mir der äußerst kritische Mechaniker plötzlich wie ein Himmelsgesanter eine neue Kontaktklemme in die Hand. Dieses göttliche Geschenk kam so unerwartet wie nötig.

Tags darauf war diese eingebaut und der Schrecken damit beendet. Die nächste Herausforderung ließ jedoch nicht lange auf sich warten. Ein neuer Interessent erklärte mir, dass ich ein gültiges roadworthy certificate benötigen würde, sofern ich den Wagen in Queensland verkaufen wöllte. Das unser Van in Western Australia registriert war spielte für diesen Sachverhalt keine Rolle und nahm mich somit ebenso in die Pflicht, sofern ich alles legal ablaufen lassen wollte. Da der potentielle Käufer mit dem Hinweis ein hohes Interesse ausstrahlte wollte ich diesem besser nachgehen und stieß auf ein Zertifizierungs-Unternehmen, welches Hausbesuche durchführte. Für einen minimalen Aufpreis kam noch am selben Abend ein lässiger, junger Typ zu unserer Gastfamilie, welcher die Inspektion also vor Ort durchführte. Nach wenigen Sekunden und einen Blick in den Motorraum war der Test bereits vorbei – Ölflecken am Motor. Der quirlige Kerl erkannte unsere Lage und gab mir mit mehreren Augenzwinkern sinngemäß folgende Instruktionen:

„Den Test habt ihr damit heute nicht bestanden. Es ist ein alter Motor und da kann es überall tropfen – das muss kein größeres Leck sein. Morgen gehst du bitte in eine Werkstatt und verlangst nach einer Säuberung des Motors. Das kostet dich um die 50$. Achte darauf, dass der Innenraum dann Ölfrei aussieht. Danach fährst du wieder hierher nach Hause und bewegst das Auto nicht mehr, rufst mich an – NICHT DIE ZENTRALE! – und ich komme nach Feierabend nochmal vorbei. Wenn ich dann auf den Motor schaue und kein Öl sehe bin ich zufrieden und du bekommst deinen Zettel.“

Völlig baff starrte ich den Mechaniker an und hakte vorsichtig nach, ob ich das eben richtig verstanden hatte. Gesagt getan bekamen wir einen Tag später in einer Werkstatt unfern unserer Wohnung einen Termin und das Auto stand bereits am Nachmittag mit glänzendem Motor vor dem Haus. Ich rief den freundlichen Mann zurück und er bestätigte mir das erfolgreiche Zertifikat bereits am Telefon und verzichtete auf ein weiteres Aufeinandertreffen. Kurze Zeit später erhielt ich die Bestätigung per Mail und konnte glücklich den Interessenten informieren. Um dieses Story nun endlich auf den Punkt zu bringen verkaufte ich den Van schließlich an eben diesen Mittdreißiger, welcher aus Amerika kam und gerade in Australien seine Doktorarbeit schrieb. Es dauerte einen halben Tag an dem ich mich mit dem extra angereisten Käufer traf, die Ummeldung regelte und das Geld in Bar in meinen Händen hielt. In einer letzten Abschlussfahrt durfte ich uns beide zurück zur Wohnung fahren, um im Anschluss dem wegfahrenden Neubesitzer hinterherwinken. Damit war es geschafft und das Auto mit gerade einmal 600 AUS$ Verlust für 5400 AUS$ in unserer letzten Woche in Australien verkauft.

Da wir ohne unser Auto nun nicht mehr so flexibel waren fand unser geplantes Treffen mit Antje ebenso bei unserer Gastfamilie statt. Zwar lief das ganze durch die herumrennenden Kinder etwas unruhig ab und wir konnten nicht ganz ungestört über ihre erst kürzlich beendete Vietnamreise sprechen, doch es war schön, dass wir es nochmals vor unserer Abreise geschafft hatten.

Unsere letzten beiden Nächte nahm uns Courtney zusammen mit den Kindern wie geplant zu ihrer Mutter. Gemeinsam mit Courtneys jüngerem Bruder wohnt die unglaublich fitte, überaus freundliche und jung gebliebene Oma auf einem unvorstellbar großen Grundstück in den 2,5 Stunden entfernten hinterlands of byron bay. Hier konnten wir dann erstmals ansatzweise erahnen wie es sich anfühlen muss in Australien auf dem Land geboren zu werden. Die Familie stand bis zum Umzug auf dieses vergleichsweise sehr kleine Grundstück seit 7 Generationen im Besitz einer über 150 ha großen Schafsfarm und so war es demnach gewohnt stets von Tieren und einer Menge Natur umgeben zu sein. Alte Bilder an den Wänden zeigten das harte, wilde Farmleben in den Tiefen des Landes, in welches auch Courtney noch herein geboren wurde und gewährten uns einen Blick in ein völlig gegensätzliches Leben. Später wurden die Kinder wohlhabenderer Farmer in weit entfernte Internate geschickt, wo Courtney dann später Dave und den noch bestehenden Freundeskreis aus lauter weiteren Farmkindern kennen lernte. Nachdem das Leben als Schafsfarmer Anfang der 90er immer schwerer wurde, zog die Oma mit ihrem leider bereits verstorbenen Mann schließlich in die Küstennähe. Neben dem selbstständigen Hausbau entschloss sich das Ehepaar auf dem eigenen Grundstück einen Veranstaltungsraum für Hochzeiten zu errichten. Zusätzlich entstanden später zwei kleine Luxusapartments für Brautpaare sowie eine wunderbare angelegte Anlage im Grünen. Wer neugieriger ist oder einmal damit plant Übersee zu heiraten sollte dringend mal einen Blick auf diese traumhafte Location wagen:

https://theearthhouse.com.au/

Eines dieser Apartments durften wir während unseres Aufenthaltes als Gästezimmer nutzen, was uns unteranderem ein warmes Bad unter freiem Sternenhimmel sowie zwei beeindruckende Morgenstunden mit Blick auf die nebeldurchzogenen hinterlands bescherte. An einem der beiden Tage nahm ich mir einmal Digby zur Seite, der bereits wieder einmal alle Beteiligten zur Weißglut getrieben hatte und startete mit ihm einen weiten Ausflug über einen Teil des privaten Grundstückes. Wir liefen mehr als zwei Stunden über Kuhweiden, durch Wälder, über Wiesen, an einen Bach und wieder zurück. Mir war dabei völlig unbegreiflich wie man so viel Land besitzen kann. Als er dann nach unserer Wiederkehr seit Monaten mal wieder einen Mittagsschlaf benötigte, wurde ich von der dankbaren Courtney als Held gefeiert. An unserem letzten Abend fuhren wir ein letztes Mal an die Küste, um erstmals Wale zu beobachten. Leider hatten wir an diesem Tag weniger Glück, konnten aber dennoch gelegentlich einen kleinen Teil eines Wales oder eine ausgestoßene Wasserfontäne in der Ferne erkennen. Zu guter Letzt suchten wir nach unserem letzten australischen Sonnenuntergang gemeinsam einen lokalen und gut besuchten Fish&Chips Laden auf, um abschließend noch einmal typisch australisch zu speisen.

Am Freitag dem 07.07.2017 war es dann soweit. Wir verabschiedeten uns von den Kindern und der Oma. Courtney fuhr ich zurück nach Brisbane, wo wir uns mit Dave trafen, der unser Gepäck mitbrachte und die beiden brachten uns zum Flughafen. Hiermit endete nach drei Wochen eine der besten Erfahrungen unserer Reise. Der Aufenthalt war geprägt durch das Chaos der Kinder, den Luxus und das gute Essen bei der Familie, die viele Liebe und die verzweifelten Tränen in tiefen Gesprächen sowie letztlich einem schmerzlichen Abschied von tollen Menschen.

20170705_091729.jpg


 


Hinterlasse einen Kommentar