Größer könnten die Unterschiede kaum sein.

Unbenannt3

Da nun tatsächlich der letzte Zweifel über unser zukünftiges Glück beseitigt war, entschieden wir uns die Pläne für die Heimreise zu festigen. Ebenso hatten wir unsere Reise in den warmen Norden abgeschlossen und bereits einiges von Australien gesehen. Für uns blieben zu diesem Zeitpunkt nur noch wenige, realistische Reisewünsche für dieses Land offen. Sophie hatte sich beispielsweise zu Beginn unseres gesamten Trips ein Profil auf workaway.info angelegt, mit dem Wunsch dies später noch einmal mit mir durchführen zu können. Diese Plattform dient dazu, Gastfamilien zu finden, welche für Arbeit in verschiedenen Bereichen im Austausch kostenloses Essen sowie einen Schlafplatz bereitstellen. Aus dem Wunsch heraus diese Erfahrung noch mitzunehmen machte Sophie sich nun aktiv auf die Suche nach möglichen Gastfamilien. Während ich bereits erste Überlegungen für den Autoverkauf unternahm hatte ich lediglich noch folgende Wünsche: eine Fahrt durch einen kleinen Teil des outbacks, die Sichtung einer Schlange sowie den Kampf mit einem Krokodil. Demnach entschlossen wir uns dazu dem Landesinneren einen kleinen Besuch abzustatten und dem Highway in das tropische Outback zu folgen. Bevor wir die uns vorgestellte Dürre erreichten, passierten wir abermals die kalt-feuchte Hochebene nahe der Küste. Nach einem Tag im Regen verzogen sich die tiefhängenden Wolken und wir stießen langsam in die endlosen Weiten vor. Ein richtiges Ziel hatten wir bei diesem Trip nicht und so fuhren wir und fuhren wir und fuhren wir…

Zu den Klängen von Bon Iver und Johnny Cash genossen wir die Natur und beobachteten wie sich die Vegetation mehr und mehr in eine trockene Savannenlandschaft verwandelte. Gelegentliche Ausflüge in die wilde Savanne ließen dabei unter äußerster Vorsicht stets unseren Puls etwas höher schlagen. All die unbekannten potenziellen Gefahren die der unwissende Europäer sofort mit Australien assoziiert gingen uns bei der ein oder anderen Tour nicht so wirklich aus dem Kopf. Mittlerweile hatten wir uns bereits an den Anblick überdimensionaler Spinnen in der Natur gewöhnt. Täglich sahen wir die riesigen, bis zu 3 Meter langen Netze der scheinbar unbedenklichen Golden Orb-weaving spider. Nicht selten passierte es auch, dass man nichts ahnend in die unvorstellbar großen Netze herein rannte und dem Getier ungewollt etwas näher kam.

Auf unserem Weg passierten wir die durch vulkanische Aktivität gezeichnete, trockene Landschaft bis wir schließlich auf das kleine Örtchen Georgtown stießen. Völlig surreal und  unerwartet fanden wir in diesem Städtchen neben einem freien, sehr guten Trainingsgelände auch eine recht modern gestaltete Bade-Oase, welche obendrein kostenlos von allen Bewohnern sowie Besuchern genutzt werden konnte. Schließlich entschlossen wir uns dazu zwei Nächte an diesem Platz zu verbringen und gleichzeitig als Umkehrpunkt anzusehen.

Mittlerweile befanden wir uns bereits soweit in den Tiefen von Queensland, dass es für uns ein leichtes war endlich einmal so richtig wild zu campen. Vom Highway aus bogen wir auf einen kleinen Trampelpfad welcher uns in sicherer Entfernung zur Hauptstraße direkt in die Wildnis beförderte. Endlich waren wir in dem Australien angekommen wie wir es uns immer vorgestellt hatten. Umringt von Termitenhügeln bereiteten wir das Lagerfeuer für die einbrechende Dunkelheit vor, bereiteten alles für das mittlerweile fast tägliche Brotbacken vor und machten es uns in den Stühlen gemütlich. Die Klarheit der Nächte und die Vielzahl der sichtbaren Sterne ist dabei so unglaublich hoch, dass wir diese Tage für uns mit zu den Besten unserer Reise zählen können. Wer das Gefühl von wahrere Freiheit verspüren möchte, sollte sich einmal auf den Weg in das australische Outback machen.

SAMSUNG CAMERA PICTURES

Am Morgen danach erhielten wir abermals einen kleinen Eindruck von der enormen Abgeschiedenheit unseres Übernachtungsplatzes und stießen vor der Weiterfahrt auf eine Herde Emus sowie ein Gruppe von Kühen welche vor dem Start unser Auto neugierig untersuchte.

Tags darauf brachten wir unsere Fähigkeiten unser eigenes Brot zu backen sogar nochmals auf ein neues Level. Nachdem wir zuvor bereits schon einmal mit Käse und Spinat gefüllte Pizzabrötchen in der Pfanne kreierten, kam uns nun ein neues Projekt in den Sinn. Anfangs bestand unser Teig lediglich aus Wasser, Mehl, Hefe und einer Priese Salz. Später fügten wir noch etwas Ei und Milch sowie gelegentliche Kreationen wie Käse oder Körner hinzu. Bei geringer Hitze wurden die kleinen Fladen dann gut eingemehlt, langsam in der Hitze unter dem Deckel gebacken. Diesmal wollten wir noch einen evolutionsschritt weiter zurückgehen und eine kleine Pizza auf einem Stein im Feuer backen. Sobald wir unsere geeignete Übernachtungsstelle in der Natur gefunden hatten, bereiteten wir abermals routinemäßig das Feuer vor. Zunächst brannten wir eine größere Menge Holz ab, um ein gutes Reservoir an Glut zu besitzen, in welche wir schließlich einen großen, flachen Stein legten. Umrandet von der Glut heizte sich dieser schneller auf als erwartet und während das Feuer auf der anderen Stelle weiter mit Holz gefüttert wurde, begannen wir die ersten Fladen auf den Stein zu legen. Die Zubereitung ging dabei so einfach und schnell, dass wir selbst sehr überrascht waren und die obendrein so köstlich schmeckende Pizza komplett aufaßen. Mit völlig überfressenen Bäuchen blickten wir abermals zufrieden in den hellen Sternenhimmel und fühlten uns mit der gesamten Welt im Reinen. Auch wenn wir auf einer kleinen Erkundungstour lediglich Schlangenspuren im Sand entdeckten, ab und zu tote Exemplare am Straßenrand sahen und die Krokodile sich nach wie vor versteckten, war ich mit unserer Outback Erfahrung mehr als zufrieden.

Am Ende der Woche in der Wildnis erreichten wir abermals die kleine Stadt Townsville, welche mir persönlich bei der ersten Begegnung so gar nicht zugesagt hatte. Zunächst hatten wir gar nicht geplant so lange in dieser Stadt zu verweilen, doch am Ende entdeckten wir den Charme dieses Städtchens und verbrachten hier einige Tage um die zukünftigen Handlungen zu planen. So standen wir beispielsweise vor der Frage für den besten Platz des Autoverkaufes, das Bestehen der Möglichkeit noch ein workaway durchzuführen sowie das Planen der genauen Heimreise. Rasch registrierten wir, dass der Zeitpunkt des Autoverkaufs nicht der optimalste war und wir uns als Verkäufer in einer schlechten Position befanden. Man kann tatsächlich behaupten, dass viele der Backpacker spätestens zwischen Mai und Juli zurück reisen und erst Anfang Oktober die Neulinge nachkommen. Dementsprechend übersteigt das riesige Angebot der reisetauglichen Vans die schwache Nachfrage um ein weites. Auf der einen Seite waren die meisten Reisenden ebenso auf dem Weg in den warmen Norden, was also einer Anhäufung der angebotenen Autos in Cairns entsprach. Auf der anderen Seite ist Brisbane oder Sydney die Stadt, um in Australien mit dem Flugzeug zu landen, weshalb hier eine vergleichsweise höhere Nachfrage herrscht. Aus dieser Theorie heraus entschieden wir uns tatsächlich den vermeintlichen Katzensprung von 1300km auf uns zu nehmen, um unsere Verkaufschancen zu maximieren. Zeitgleich erfuhr ich von André in Neuseeland, dass er ebenso vor ähnlichen marktbedingten Problemen stand. In den folgenden Tagen verbrachten wir damit vermehrt Zeit das Auto in Facebook-Gruppen zu inserieren sowie eine Anzeige auf gumtree, dem australischen Ebay, zu aktivieren.

Währenddessen war Sophie damit beschäftigt kurzfristig Angebote für ein passendes workaway zu finden. Oft standen wir mit dem Van neben den Telefonzellen unseres Handyanbieters, welche recht gut funktionierendes WLAN bereitstellten. So auch eines Tages, als wir den gesamten Tag im Halteverbot kurz vor einem Kreisverkehr standen, um noch möglichst nah in Sendenähe zu sein. Als wir nach einigen Stunden Organisation dann schließlich den Ort verlassen wollten um unser Nachtlager aufzusuchen, streikte die Batterie und wir mussten die Nacht Not gedrungen im Kreisverkehr verbringen. Erst am nächsten Morgen konnten wir eine ausgiebige Wanderung zum nächsten supercheap unternehmen, um eine kostengünstige Autobatterie zu kaufen. Mit viel Schweiß und Hunger buxierten wir die Autobatterien quer durch die Stadt bis wir letztlich die Neue einbauen und den Stellplatz verlassen konnten. Beim Ausbau der leeren, alten Batterie brach ein Teil der kleinen Metallklemme des Kontaktstückes, welches ich anschließend mit Tape und einer abenteuerlichen Konstruktion notdürftig reparierte. Dieses kleine Teil sollte beim Verkauf später noch eine entscheidende Rolle spielen.

Zu den wichtigsten, zu sehenden Dingen in Townsville zählt die traumhafte riverway lagune, welche ebenso wie der am Meer gelegene Strand Rock Pool extrem schön ausgebaut wurde, zur stinger free zone zählt und obendrein noch kostenlos ist. Wir befanden uns nun schon seit Wochen in dem Areal Australiens, in dem es nicht mehr zur Normalität zählt unbeschwert in das kühle Meerwasser zu rennen. Zwar befanden wir uns Anfang Juni nicht mehr in der Hauptsaison der Quallen, die Gefahr kann jedoch nie so wirklich ausgeschlossen werden. Bereits unterhalb von Brisbane ist jeder Strand mit den Warnschildern gekennzeichnet und mit Essigflaschen für den äußersten Notfall ausgestattet. Unter den unzähligen und völlig verschieden, hoch gefährlichen und meist auch tötlichen Quallen (marine stingers) zählt die Irukandji-Qualle wohl zu den skurrilsten. Der Kopf der lebensgefährlichen Kreatur ist gerade einmal so groß wie ein Streichholzkopf und zeigt die potenzielle Gefahr in den australischen Gewässern. Demnach ist man durchaus froh einen überwachten Bereich oder eine Poollandschaft vorzufinden. Ebenso sehenswert sind die Jezzine Barracks oder auch Kissing Point, welcher einen kleinen Eindruck der Rolle Australiens im zweiten Weltkrieg vermittelt und die strategisch wichtige Rolle dieser Landzunge herausstellt. Neben den alten Flakgeschützen stellt das schön aufgearbeitete Areal eine Menge an wissenswerten Informationen über das Leben der Aborigines sowie die Kriegsgeschichte bereit.

Zu guter Letzt empfiehlt es sich so wie wir einmal den Sonnenauf- sowie Untergang vom zentrumsnahen Castle Hill zu bewundern. Dabei kann man entweder wie alle Einheimischen den Hügel über die zahlreichen, kleinen Wege und Aufgänge hoch rennen oder den touristischen Weg mit dem Auto bis nach oben folgen. Wir hatten Zeit für beide Alternativen, was uns zweimal einen wunderbaren Ausblick bei traumhafter Sicht bescherte.

20170609_171948

20170610_063124

Währenddessen hatten wir bereits eine Familie in Brisbane kontaktiert um das besagte workaway bei ihnen durchzuführen. Die Beschreibungen und Bilder klangen sehr einladend und genau nach dem Abschließenden Erlebnis, welches wir uns gewünscht hatten. Bereits wenige Tage nach unserem ausführlichen Anschreiben melde sich Courtney, die Mutter der Familie bei uns und bestätigte unsere Anfrage. In einem kurzen Telefonat klärten wir, ab wann wir in Brisbane sein und welche Aufgaben wir vor Ort erwarten könnten. Einen Tag später machten wir uns auf den Weiten weg und fuhren in drei Tagen mit unserem kleinen Schleicher zurück in den Süden. Zeitgleich passten wir nun den Autoverkaufsort final an Brisbane an und hofften nun auf höhere Chancen und mehr Interessenten für den Autoverkauf.

Unbenannt2

Schlappe 1300km später erreichten wir den ruhigen Vorort Brookfield und passierten die gut aussehenden Grundstücke in dieser Gegend. Entsprechend der Wegbeschreibung bogen wir von der Hauptstraße auf eine kleine Privat-Allee und fuhren mit staunenden Augen den kleinen Hügel hinauf. Bereits die Bilder im Internet hatten einiges versprochen, was jedoch in Echt das ganze um einiges übertraf. Dann erkannten wir das weiße Queensländerhaus zu unserer Linken wieder. Wir bogen auf das Grundstück mit dem weißen Zaun, dem strahlend weißen Holzhaus und dem endlos grünen Vorgarten. Wir parkten unseren Van seitlich am Haus neben dem geparkten Q7 vor der Garage und stiegen völlig verdutzt aus dem Auto.

Sofort wurden wir von einem haselnussbraunen und ziemlich wilden Labrador besprungen, welcher sich überhaupt nicht mehr einkriegen wollte. Etwas unbeholfen versuchten wir die wilde Hündin sehr ungewohnt auf Englisch zu beruhigen und folgten der weiblichen Stimme, welche aus der Richtung des Hauses auf uns zukam. Mit sportlich schnellem Schritt öffnete uns Courtney das Tor und begrüßte uns mit einem breitem Grinsen und einer festen Umarmung. Komplett in hellen Farben gekleidet passte sie sich perfekt in das erste Bild, welches wir vom Grundstück erhielten. Sie war gerade dabei loszugehen, um ihren ältesten Sohn aus dem Kindergarten abzuholen. Schon auf dem Sprung führte sie uns schnell über den bewachsenen Eingangsbereich in das Haus. In der Küche stand noch ihre mittlerste Tochter, welche sich ebenso über unseren Besuch freute, jedoch trotzdem lieber ihrer Mutter in den Kindergarten folgte. Zu guter Letzt zeigt sie uns noch die untere Etage in welcher sich unser Bereich mit einem eigenen Bad befand und ließ uns erst einmal alleine im Haus, um in Ruhe auszupacken. Noch völlig überrumpelt von den ersten, schnellen Eindrücken blieben Sophie und ich auf der Terrasse des Hauses stehen und blickten ihrem Wagen hinterher. Nach knapp 6 Monaten Leben im Auto und auf der Straße könnten die Unterschiede wohl kaum größer sein.



Hinterlasse einen Kommentar